Bin wach, ist aber noch dunkel. Wecker zeigt 7 Uhr. Na dann mal aufstehen. Duschen bei jeder Wetterlage draussen und mit dem Wasserschlauch. Sogar die Katzen schlafen noch. Nur Rednose nähert sich in seinem bedächtigen Schlendergang. Zum Füttern tauchen sie dann aber alle auf. Katerchens Pfote gefällt mir nicht. Januar bis März ist Prügelsaison bei den Katern. Tagelang war die Pfote doppelt so dick wie die andere. Auf hömeopatische Mittel spricht Katerchen gut an, aber die letzten Tage hatte er wohl noch mal ne Prügelei. Und jetzt läuft er schon wieder auf drei Pfoten. Versuche ein Foto für den Tierarzt zu machen, was bei dem Gewusel der Kleinen gar nicht so einfach ist.
Asanas und stilles Sitzen tun mir gut. Kein fester Termin heute morgen, also verabschiede ich mich für eine Weile aus der Zeit. Die holt mich dann ein, als ich noch dabei bin das Frühstück vorzubereiten und um 10 Uhr Andreas anruft. Wie’s denn heute mit unserem montäglichen Saunagang aussehen würde? Wir verabreden das Saunieren für diese Woche auf Mittwoch zu verschieben.
Kurz darauf klingelt es wieder. Es ist ein Techniker aus Tenerifa, der eigentlich morgen für eine Reparatur vorbeikommen sollte. Leider kann man das Gerät nicht auswechseln, denn es ist fest eingebaut. Wir sind auf einer Insel und hier kann das niemand reparieren. In so einem Fall muss während der Gewährleistungszeit ein Spezialist eine Tagesreise mit Flugzeug + Mietwagen unternehmen. Allerdings hat er jetzt wegen der Karwoche keinen Platz mehr im Flieger bekommen. Wir verschieben die Aktion auf Dienstag der kommenden Woche.
In Valverde parke ich bei der Garage. Aufmerksam höre ich einem Mann zu, der sich darüber beschwert, dass es für die Kanaren keine Sondererlaubnis zum Einsatz von in der EU verbotenen Pestiziden gäbe. Hierro ist (mit den entsprechenden Subventionen der EU) der grösste Produzent von Ananas in Europa. Die wachsen hier alle im Golf, denn da ist es immer warm. Da es sich um Monokultur handelt, müssen Boden und Früchte entsprechend vergiftet werden. Und manche Menschen in der Nähe der Felder sind auch nicht gerade begeistert. Entgegen meiner Gewohnheit mische ich mich nicht bei dem Gespräch ein. Als der Mann weg ist unterhalte ich mich mit Juan, der jeden Montag in dieser Garage verkauft, was auf seiner Finca (ohne Pestizide) wächst. Juan ist schon alt. Er muss nichts mehr anbauen oder verkaufen. Aber es bringt ihm Spass. Und seine Garage ist ein Geheimtipp um montags qualitativ hochwertige saisonale Produkte zu bekommen. Ich kaufe ein paar Kilo Bananen ...
Zurück auf der Finca bereite ich das Essen vor. Die Weißköhler im Garten sind dieses Jahr eine wahre Pracht. Begleitet von Rednose pflücke ich von Strünken an denen die Köpfe schon geerntet wurden nachgewachsene Blätter für eine Kohlsuppe. Da Rednose unbedingt mit meinen Händen spielen möchte, pflücke ich mit links und werfe Rednose mit rechts im Sekundentakt durch die Gegend. Je höher und weiter um so schneller ist der Kater wieder da. Ich ändere die Taktik und drücke den strampelnden Kater mit links auf den Boden und pflücke mit rechts weiter. Schnell noch ein wenig Oregano, Thymian, Petersilie und Knoblauch und ab geht’s in die Küche. Schon wieder fast halb drei.
Mir fällt ein, dass Ralf um drei mit einem Sofa kommen wollte. Das passt jetzt gerade nicht. Wie gerufen ruft im gleichen Moment Ralf an und fragt, ob er auch um 18 Uhr kommen könnte. Das passt doch sehr gut!
Nach einer hervorragenden Mahlzeit gibt es eine kleine Siesta auf dem Sofa. Ich fahre im Traum im Auto hinter einem Motorrad her. Plötzlich wendet dieses. Weiter vorne sehe ich ein Hindernis und beschliesse aufzuwachen, da es auf dieser Strecke anscheinend nicht weiter geht.
Die Wäsche muss von der Leine genommen werden. Ja, gewaschen habe ich auch noch. Mir fällt gerade auf, dass ich nur einen Bruchteil von dem hier erfasse, was alles an diesem Tag geschehen ist. Es ist Zeit für einen kleinen Nachmittagsimbiss mit Guavenmarmelade auf leckerem Brot, das eine Spanierin auf der Südseite der Insel backt. Ab 17 Uhr ist bei mir seit ein paar Wochen ein Zeitintervall von 16 Stunden ohne Essen angesagt.
Auf zum Finca-Outdoorprogramm. Rednose wie immer dabei als aufmerksamer Beobachter mit Logenplatz auf dem Dach, wie auf dem Foto zu sehen.
Irgendwann kommen die Katzen zum Abendessen. Katerchen hat sich schon wieder geprügelt und blutet aus offener Wunde.
Gegen 21 Uhr ist es dunkel. Noch ein wenig schreiben, dann die Küche aufräumen. Neben meinem Bett warten drei Bücher. Eines über Haustiere, in dem ich gestern das Kapitel über Schafe gelesen habe. Vorgestern war mir vor dem Einschlafen nach Gurdjieff und seinen Reden, die er vor ziemlich genau 100 Jahren in Paris und New York vor seinen Schülern gehalten hat.
Vielleicht greife ich heute mal wieder zu „El Hierro – Übergang ins andere Haus“. Dieses Buch hat Andreas geschrieben, der Sauna-Andreas von weiter oben. Vor zwei Wochen hat er das Buch mal ganz nebenbei erwähnt. Es ist in etwa das Beste, was ich bisher in Verbindung mit El Hierro gelesen habe, eine Art Tagebuch, ein wenig wie ich auch diesen Blog schreibe. Es geht um unsere Welt, was in ihr passiert und wie sich Andreas im Leben und Erleben hier auf der Insel gedanklich und praktisch anregen lässt. Wir werden sozusagen mitgenommen auf einen intensiven und unterhaltsamen philosophischen Gedankenspaziergang über die Insel. Ein Buch, das eigentlich Pflichtlektüre für Hierro-Reisende sein sollte.
Aktuell gibt es nur ein einziges Exemplar von diesem Buch hier auf der Insel. Es ist das Korrekturexemplar für eine zweite Auflage. Es wartet gefüllt mit handschriftlichen Anmerkungen von Andreas jetzt auf dem Stuhl neben meinem Bett …