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Auf Besuch bei den Kolkraben

Pinus canariensis

Hier auf der Insel gibt es so viel zu erleben, dass ich eigentlich jeden Tag schreiben könnte. Eigentlich würde schon das Erleben auf der Finca selber ausreichen für einen täglichen Beitrag. Und es gibt immer was zu tun. Wir müssen uns deshalb selber manchmal einen kleinen Anschubser geben, das Gelände der Finca zu verlassen und in die weite Welt (hier: die Insel) zu ziehen.

So haben wir es geschafft, nach Monaten mal wieder zum Hoya del Morcillo zu fahren. Das ist ein Campingplatz mitten im Wald, gut 20 Minuten von der Finca entfernt. Allerdings nicht das, was man sich unter einem Campingplatz vorstellt. Es gibt die Möglichkeit, hier im Zelt, im Camper oder in einem der einfachen Holzhäuser zu übernachten. Es gibt Duschen, Toiletten, Feuerstellen und einen Ranger, der oftmals aber nur vorbeikommt, wenn jemand sich angemeldet hat. Und so fanden wir auch nur einen VW-Bus mit Vorzelt und zwei einfache Zelte vor, jeweils mehrere hundert Meter voneinander entfernt zwischen den Bäumen. Camping auf El Hierro …

Der Wald in dieser Gegend besteht aus riesigen uralten kanarischen Kiefern, die angesichts der Witterungsbdingungen mit den Jahrzehnten oder sogar Jahrhunderten ihres Wachstums bizarre Formen angenommen haben. Wer sich meditativ mit diesen Bäumen verbinden möchte, kann sein ganzes Leben hier oben zubringen, ohne sich zu langweilen. Denn jeder Baum erzählt seine eigene Geschichte.

Zu diesen Geschichten gehören auch die Waldbrände, die es hier seit der Zeit der Vulkane immer wieder gibt. Über die Jahrtausende haben die Bäume gelernt, im jungen Alter schnell nach oben zu wachsen und erst dann in einigem Abstand vom Boden ihre Krone auszubilden. Mit den Jahren kann die Borke auf bis bis zu 50 Schichten anwachsen und bis zu 8cm dick werden. Damit ist der Baum in der Lage,  Temperaturen von etwa 800 Grad für mehrere Stunden auszuhalten, ohne dass er in seiner Substanz geschädigt würde. Schon wenige Monate nach einem Feuer ist er in der Lage, neue Triebe auszubilden.

Die Borke der Bäume sieht ein wenig aus wie ein Gemälde von Hundertwasser. Und die Brandwunden sind rußige Gemälde, die einem das Gefühl geben können, im Wald durch eine Kunstausstellung zu laufen.

Der Boden des Waldes ist meist bedeckt von langen Kiefernnadeln. Es ist unglaublich still, nur der Wind rauscht durch das Nadelgehölz. Schon beim Ankommen begrüssten uns die hier lebenden Kolkraben. Diese grossen schwarzen Vögel sind unwahrscheinlich kommunikativ und haben ein Spektrum an Lauten, die mich manchmal zum Lachen bringen oder mich dazu animieren, mich mit ihnen zu unterhalten. Es ist ein Erlebnis, auf dem weichen Waldboden zu sitzen und zwei Kolkraben zu lauschen, die von Baum zu Baum in etwa 30m Höhe miteinander reden.

Wir sind auf einen einen der vielen kleinen ehemaligen Vulkankegel geklettert. Dort setzten wir uns in der Stille ins Gras, haben den weiten Blick genossen und dem Wind und den Raben gelauscht.

Eigenverantwortung?
Unausgeschlafen

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